M&A Deal, interkulturelle Kommunikation

Warum schlechte interkulturelle Kommunikation M&A-Deals scheitern lässt

M&A-Transaktionen sind strategisch geplant, präzise strukturiert und bis ins Detail durchkalkuliert.

Finanzen werden analysiert, Synergien identifiziert, rechtliche Rahmenbedingungen sorgfältig geprüft. Und doch scheitern viele Transaktionen nicht an den Zahlen – sondern an den Menschen dahinter. Besonders bei grenzüberschreitenden Deals wird ein entscheidender Erfolgsfaktor oft unterschätzt: die interkulturelle Kommunikation.

Kulturelle Missverständnisse – sei es im Führungsstil, in der Kommunikationskultur oder im Entscheidungstempo – untergraben die Post-Merger-Integration, schwächen das Engagement der Teams und gefährden das Vertrauen zwischen Käufer und Verkäufer. Diese Risiken sind weit verbreiteter, als viele Organisationen wahrhaben möchten.

Jenseits der Sprache: Wenn Führungsstile aufeinanderprallen
Eine gemeinsame Sprache bedeutet nicht automatisch ein gemeinsames Verständnis. Das zeigt sich besonders in M&A-Transaktionen zwischen Ländern wie der Schweiz und Deutschland – zwei Kulturen, die dieselbe Sprache sprechen, aber unterschiedliche Denk- und Arbeitsweisen mitbringen.
  • Die deutsche Geschäftskultur gilt als direkt, effizient und hierarchisch geprägt. Kommunikation ist zielorientiert und häufig in hohem Tempo.
  • Die Schweizer Geschäftskultur hingegen ist konsensorientiert, diplomatisch und kontextsensibel. Indirekte Formulierungen und feine Zwischentöne sind Ausdruck von Respekt – und werden von deutschen Partnern oft als zögerlich oder unentschlossen wahrgenommen.

Gerade in der Führungs- und Change Managementkommunikation führen diese Unterschiede zu Reibung. So kann der Wunsch eines deutschen Executives nach schneller, top-down getriebener Umsetzung auf Widerstand stossen, wenn im Schweizer Umfeld erwartet wird, dass Entscheidungen im Konsens getroffen werden. Das Ergebnis: Nicht die Worte werden falsch verstanden – sondern die Absichten.

Der Irrglaube, kulturelle Nähe allein über Sprache herstellen zu können, ist ein häufiger Stolperstein. Ohne bewusstes Wahrnehmen und aktives Anpassen kann gegenseitiger Respekt schnell in Frustration umschlagen.

Kultur in die Due Diligence integrieren
Klassische Due Diligence konzentriert sich auf greifbare Assets und messbare Risiken. Doch Führungsstil und Kommunikationskultur sind ebenso entscheidend – insbesondere bei der Integration von Organisationen mit unterschiedlichen regionalen, generationsspezifischen oder unternehmenshistorischen Prägungen.

Zu verstehen, wie Entscheidungen getroffen, Feedback gegeben und Autorität gelebt wird, kann mögliche Integrationsrisiken frühzeitig sichtbar machen. Das gilt besonders bei inhabergeführten oder familiengeprägten Unternehmen, in denen der Führungsstil eng mit der Unternehmensidentität verwoben ist.

Wer diese kulturellen Fragen in der Frühphase ausklammert, riskiert einen Bruch genau dann, wenn Zusammenhalt am wichtigsten ist: in der Integration.

Die ersten 100 Tage: Kommunikation als strategischer Hebel
Nach dem Closing entstehen Erwartungen. Mitarbeitende stellen Fragen:
  • Was ändert sich?
  • Wer trifft künftig Entscheidungen?
  • Verändert sich der Führungsstil?

Wenn die interne Kommunikation dann generisch, kulturell unsensibel oder zu formell wirkt, kann das Vertrauen schnell schwinden.

Ein motivierender Appell an ein US-Team wirkt auf eine deutsche Belegschaft womöglich überzogen. Ein entschlossener Auftritt eines Executives aus dem Nahen Osten kann in einem skandinavischen Umfeld als zu forsch wahrgenommen werden. Und ein direkter Townhall-Auftritt eines deutschen CEOs kann auf Schweizer Ohren aggressiv wirken – dort, wo man an einen kollegialen Ton gewöhnt ist.

Kulturelle Feinheiten prägen nicht nur Ton und Sprache – sie bestimmen, ob Botschaften glaubwürdig wirken und ob sie motivieren. Die Kommunikation in den ersten 100 Tagen  der Post-Merger Phase ist keine Formalität. Sie ist Führungsaufgabe im Kern. Sie prägt die Deutung des Deals und entscheidet, wie schnell ein Team an Bord ist.

Brücken bauen: Praktische Wege zur kulturellen Integration
Erfolgreiche grenzüberschreitende M&A-Integration erfordert keine kulturelle Einheitlichkeit – wohl aber ein gemeinsames Verständnis und die Bereitschaft zur aktiven Anpassung.
  • Für Käufer: Respekt für den lokalen Kontext zeigen – durch aktives Zuhören, Einbindung lokaler Führungskräfte in Kommunikationsstrategien und Anerkennung der Stärken des akquirierten Teams – beschleunigt die Integration deutlich.
  • Für Verkäufer: Die Teams sowohl operativ als auch emotional vorzubereiten ist essenziell. Dazu gehört, den wirtschaftlichen Hintergrund des Deals in eine verständliche, lokale Erzählung zu übersetzen: Warum dieser Käufer? Welche Werte bringt er mit? Was können Mitarbeitende erwarten?

In erfolgreichen Transaktionen haben Unternehmen gezielt sogenannte „Cultural Translators“ eingesetzt – interne Vertrauenspersonen, die zwischen Führung und Mitarbeitenden vermitteln, nicht nur sprachlich, sondern auch in der Absicht. Diese Rollen sind oft entscheidend, um die sensible Anfangsphase nach der Übernahme erfolgreich zu gestalten.

Der «Human Factor» in der Realisierung von Synergien

Jeder M&A-Deal basiert auf Annahmen: Dass Systeme zusammenpassen. Dass Menschen kooperieren. Dass Kulturen sich ergänzen. Doch nichts davon geschieht automatisch.

Gerade in interkulturellen Kontexten ist Kommunikation der Prüfstein dieser Annahmen. Können beide Seiten führen, ohne missverstanden zu werden? Können sie mit Unterschieden in Stil und Tempo umgehen, ohne Vertrauen zu verlieren? Diese Fragen sind nicht nebensächlich – sie sind zentral, um den wahren Wert des Deals zu heben.

Interkulturelle Kommunikation gezielt in den M&A-Prozess integrieren

Führungskräfte können kulturelle Unterschiede aktiv adressieren – durch ein strukturiertes Vorgehen, das Kultur genauso ernst nimmt wie operative und finanzielle Ziele:

  1. Kulturelle Due Diligence konsequent durchführen
    Analysieren Sie systematisch die Kommunikations- und Führungsstile beider Organisationen. Frühzeitige Erkenntnisse über potenzielle Spannungsfelder ermöglichen eine gezielte Integrationsplanung.
  2. Cross-kulturelle Leadership- und Integrationsteams aufbauen
    Stellen Sie diverse Teams zusammen, die beide Seiten repräsentieren. Diese Teams fungieren als kulturelle Botschafter, fördern Dialog und beschleunigen die Zusammenarbeit.
  3. Transparente, bidirektionale Kommunikationskanäle schaffen
    Fördern Sie den offenen Dialog auf allen Ebenen. Regelmäßige Updates, Townhalls und Feedbackformate stärken Vertrauen und schaffen Raum für Anliegen.
  4. In Trainings zu interkultureller Kommunikation investieren
    Schulen Sie Führungskräfte und Teams in kultureller Intelligenz, aktivem Zuhören und interkultureller Kommunikation. Das reduziert Missverständnisse und schafft gegenseitiges Verständnis.
  5. Eine gemeinsame Vision und Wertebasis definieren
    Erarbeiten Sie ein gemeinsames Leitbild, das die Stärken beider Kulturen vereint. So entsteht Orientierung, Zusammenhalt und ein klarer Handlungsrahmen.
  6. Mitarbeitende einbeziehen und Vielfalt sichtbar machen
    Binden Sie Mitarbeitende aktiv ein – durch Workshops, kulturelle Austauschformate oder Diversity-Programme. Anerkennung und Wertschätzung kultureller Unterschiede fördern Zugehörigkeit.
  7. Veränderung sichtbar von oben treiben
    CEOs und Top-Führungskräfte müssen kulturellen Wandel aktiv vorleben, zentrale Initiativen sponsern und durch Storytelling eine gemeinsame Identität fördern.