Carve-Out, M&A

Carve-Outs im Fokus: Wenn Unternehmen sich neu erfinden

Carve-Outs sind längst kein Ausnahmephänomen mehr – sie gehören heute zum Standardrepertoire strategischer Unternehmenssteuerung. Dabei wird ein Unternehmensteil – etwa eine Tochtergesellschaft, Geschäftseinheit oder Marke – rechtlich, organisatorisch und oft auch kulturell vom Mutterkonzern getrennt. Ziel kann der Verkauf, ein Börsengang, ein Joint Venture oder die Unabhängigkeit sein.

Die Motive dahinter sind vielfältig: Unternehmen fokussieren sich auf ihr Kerngeschäft, schaffen finanziellen Spielraum oder machen sich fit für den nächsten Wachstumsschritt – intern wie extern.

In der Praxis bedeutet das, dass Prozesse, IT-Systeme, Personal, Kundenverträge und andere Assets identifiziert,  aus dem Unternehmen gelöst und separat aufgestellt werden müssen. Dies oft unter Zeitdruck und hoher Komplexität.

Kommunikation ist entscheidend – und sie beginnt an der Spitze

Finanzkennzahlen, juristische Strukturen und operative Details eines Carve-Outs werden meist präzise durchdacht. Doch ein elementarer Erfolgsfaktor wird oft übersehen: die Kommunikation. Besonders in Zeiten tiefgreifender Veränderung braucht es Orientierung – und die kommt idealerweise vom CEO selbst. Gerade in einem Carve-Out ist es Aufgabe der Unternehmensführung, Vertrauen zu schaffen, Perspektiven aufzuzeigen und das „Warum“ des Schritts nachvollziehbar zu machen. Denn wirtschaftliche Logik überzeugt nicht allein – Akzeptanz entsteht durch glaubwürdige, konsequent geführte Kommunikation.

Auch M&A-Berater sollten diesen Aspekt frühzeitig mitdenken: Wer Kommunikation von Beginn an integriert, erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit der Transaktion deutlich.

Kommunikationsherausforderungen bei Carve-Outs

Ein Carve-Out löst oft Unsicherheit aus – bei Mitarbeitenden, Kunden, Partnern und Medien. „Was bedeutet das für mich?“ ist die zentrale Frage, die alle Stakeholder stellen. Kommunikationsverantwortliche müssen daher frühzeitig und eng mit den Deal-Verantwortlichen zusammenarbeiten. Kommunikation ist kein Add-on, sondern muss ein integraler Bestandteil der Transaktion sein.

Zentrale Kommunikationsherausforderungen:

  1. Narrativ und Positionierung

    Warum erfolgt der Carve-Out? Was ist das Ziel? Was ändert sich – und was bleibt gleich? Diese Fragen müssen frühzeitig und konsistent beantwortet werden. Ein starkes Narrativ verhindert Gerüchte, gibt Orientierung und trägt zur Vertrauensbildung bei.

  2. Multistakeholder-Kommunikation

    Die Kunst liegt darin, verschiedene Zielgruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Wissensständen abzuholen:

    • Mitarbeitende beider Einheiten (abgespaltener Bereich und verbleibende Organisation)
    • Führungskräfte, die als Kommunikatoren vor Ort agieren
    • Kunden und Geschäftspartner
    • Investoren und Analysten
    • Medien und Öffentlichkeit
  3. Timing und Taktgefühl

    Ein häufiges Missverständnis: Kommunikation beginnt erst mit der offiziellen Ankündigung. Richtig ist: Sie beginnt deutlich früher, intern – z. B. im Führungskreis – und bereitet verschiedene Szenarien vor. Gerade in der Pre-Signing-Phase ist Diskretion wichtig, dennoch braucht es ein Kommunikationskonzept „in der Schublade“, das bei Bedarf sofort greift.

  4. Change-Kommunikation und Kultur

    Carve-Outs sind nicht nur strukturelle, sondern auch kulturelle Veränderungen. Mitarbeiter, die in den abgespaltenen Bereich wechseln, verlieren ein Stück Identität. Wer sie gewinnen will, muss Perspektiven bieten – nicht nur in PowerPoint, sondern im täglichen Dialog.

Die wichtige Rolle der CEO-Kommunikation in einem Carve-Out Prozess

Der CEO ist der wichtigste Kommunikator in einem Carve-Out-Prozess – sowohl intern als auch extern. Seine Aufgabe ist es, das „Warum“ glaubwürdig zu vermitteln und Vertrauen zu schaffen. Das gelingt nur, wenn die Botschaften  authentisch sind, regelmässig und transparent kommuniziert werden und auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten sind.

In der Praxis bedeutet das: Townhall-Formate, Videobotschaften, Q&A-Sessions, aber auch Einzelgespräche mit Schlüsselpersonen. Der CEO des verbleibenden Unternehmens und der (zukünftige) CEO der abgespaltenen Einheit müssen als Team auftreten, auch wenn sie perspektivisch verschiedene Wege gehen.

Ein häufiger Fehler: Man überlässt die Kommunikation der Rechtsabteilung oder dem M&A-Team. Doch Stakeholder erwarten Haltung, nicht nur Verträge.

Warum M&A-Berater Kommunikation mit einplanen müssen

M&A-Teams sind in der Regel auf Bewertung, Due Diligence und Strukturierung fokussiert. Kommunikation erscheint oft als „weiches Thema“. Doch sie beeinflusst:

  • die Stimmung im Unternehmen,
  • den Wert der Einheit,
  • die Reputation der Transaktion – und damit
  • die Wahrscheinlichkeit, dass der Carve-Out von Mitarbeitern, Kunden und Märkten akzeptiert wird.

Ein Kommunikationsfehler – etwa ein zu später oder missverständlicher interner Informationsfluss – kann dazu führen, dass Leistungsträger abspringen, Kunden verunsichert werden oder Medien einen kritischen Spin aufnehmen. Dazu zählen auch Informations-Leakages.

Ein Informationsleck (Informations-Leakage) während eines Carve-out-Prozesses kann schwerwiegende Folgen für ein Unternehmen haben und den Erfolg der Transaktion sowie die allgemeine strategische Position des Unternehmens beeinträchtigen.

Diese Leakages können die Bewertung untergraben, Verhandlungen stören und finanzielle und regulatorische Risiken verursachen. Sie können sensible Wettbewerbsdaten preisgeben, zu interner Unsicherheit führen und das Vertrauen von Mitarbeitern und Stakeholdern beschädigen. Darüber hinaus können Informations-Leakages die Ausführung von Aufträgen verzögern, unerwünschte öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen und dem Ruf schaden. Ein proaktiver Umgang mit der Vertraulichkeit und die Vorbereitung auf potenzielle Lecks sind entscheidend, um die Kontrolle zu behalten und einen reibungslosen Carve-out-Prozess zu gewährleisten.

Deshalb sollten M&A-Berater Kommunikation nicht als nachgelagerten PR-Prozess, sondern als strategischen Teil der Transaktion betrachten. Ein von Anfang an integriertes Projektteam – bestehend aus M&A, HR, Legal und Kommunikationsberatung – steigert die Erfolgschancen des Carve-Out signifikant.