Bonuszahlungen für Führungskräfte werden seit langem als Instrument eingesetzt, um das Verhalten der Führungskräfte mit der Unternehmensleistung in Einklang zu bringen. Indem sie die Vergütung an klare finanzielle und strategische Ziele knüpfen, wollen Unternehmen sicherstellen, dass Topmanager Entscheidungen treffen, die unternehmerisches Handeln erfordern und den Shareholder Value steigern. Doch die jüngsten Ereignisse – wie der Zusammenbruch der Credit Suisse – zwingen Unternehmen, Aufsichtsbehörden und die Öffentlichkeit dazu, die Legitimität, Fairness und langfristigen Auswirkungen dieser mit hohen Einsätzen verbundenen Anreize zu überprüfen.
Warum gibt es Boni für Führungskräfte?
– Um CEOs und das Topmanagement zu motivieren, messbare Ergebnisse zu erzielen.
– Wachstum zu fördern, das sowohl auf kurzfristige Ziele als auch auf die langfristige Strategie abgestimmt ist.
– Top-Führungstalente in wettbewerbsintensiven globalen Märkten zu halten und anzuziehen.
– Ein Gefühl von Verantwortung und Verantwortlichkeit auf höchster Ebene zu schaffen
Wenn Boni verantwortungsbewusst eingesetzt werden, können leistungsabhängige Boni ein starker Hebel für die Wertschöpfung und die strategische Ausrichtung sein.
Die versteckten Risiken der Bonuskultur
Das Bonusmodell ist jedoch alles andere als fehlerfrei. Zu den häufigsten Kritikpunkten gehören:
– Kurzfristigkeit: Boni können Führungskräfte dazu verleiten, vierteljährlichen Ergebnissen Vorrang vor nachhaltiger Wertschöpfung einzuräumen.
– Riskantes Verhalten: Der Druck, bonusabhängige Ziele zu erreichen, kann zu rücksichtslosen oder unsoliden Entscheidungen führen.
– Öffentliche Reaktionen: Boni, die für schlechte Leistungen oder den Zusammenbruch eines Unternehmens gezahlt werden, können Shitstorms und somit einen Reputationsschaden hervorrufen.
– Schädigung des Ansehens: Wahrgenommene Übertreibung oder Ungerechtigkeit untergräbt das Vertrauen der Interessengruppen – vor allem, wenn Steuergelder im Spiel sind.
Der Fall Credit Suisse: Was geschah und warum es wichtig ist, Boni neu zu überdenken:
Im März 2023 wurde die Credit Suisse von der UBS zu einer Notübernahme gezwungen, die durch die Intervention der Schweizer Regierung unterstützt wurde. In der Folge kürzte oder strich das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) die Boni von rund 1.000 Führungskräften.
Im Mai 2025 erklärte das Bundesverwaltungsgericht diesen Schritt jedoch für unrechtmäßig, da die Boni vertraglich garantiert und durch Eigentumsrechte geschützt seien. Das Gericht stellte außerdem fest, dass die staatliche Unterstützung offiziell im August 2023 ausläuft, so dass ein weiteres Eingreifen rechtlich nicht zu rechtfertigen ist.
Obwohl die Entscheidung rechtlich begründet war, entfachte sie die ethische und politische Debatte über die Vergütung von Führungskräften bei Unternehmenszusammenbrüchen und öffentlichen Rettungsaktionen neu.
Vom Steuerzahler finanzierte Rettungsaktionen erhöhen die öffentliche Empörung.
Wenn ein Unternehmen mit öffentlichen Mitteln gerettet wird, geht die Debatte über die Boni von Führungskräften über den Shareholder Value hinaus. Die Steuerzahler werden de facto zu Investoren – und sie verlangen Rechenschaft. Der Fall Credit Suisse wirft ein Schlaglicht auf ein tieferes, systemisches Problem: Ohne bestehende rechtliche Rahmenbedingungen oder Vertragsbestimmungen haben Regierungen unter Umständen keine rechtliche Handhabe, um Boni für Führungskräfte zu blockieren oder zurückzufordern, selbst wenn öffentliche Gelder auf dem Spiel stehen.
Der Weg nach vorn: Kompensation und Verantwortlichkeit in Einklang bringen
Um ähnliche Situationen in Zukunft zu vermeiden, müssen wir die Regulierung und Durchsetzung von Bonusstrukturen für Führungskräfte überdenken – insbesondere in systemrelevanten Sektoren wie dem Bank- und Finanzwesen.
- Bonusrückforderungsmechanismen verstärken
Die Verträge von Führungskräften sollten klare Rückforderungsklauseln und Auslöser für Bonusanpassungen enthalten, die bei Krisen, Insolvenz oder staatlichen Eingriffen greifen.
- Gesetzliche Bestimmungen für Bailout-Fälle einführen
Die Regierungen müssen befugt sein, Boni auszusetzen oder zurückzufordern, wenn öffentliche Mittel zur Stabilisierung privater Unternehmen eingesetzt werden. Dies erfordert eine ausdrückliche Gesetzgebung, keine Improvisation nach der Krise.
- Förderung von Transparenz und Einbeziehung der Stakeholder
Stakeholder – einschließlich Investoren, Mitarbeiter und in einigen Fällen die Öffentlichkeit – verdienen ein Mitspracherecht bei der Vergütung von Spitzenmanagern. Größere Transparenz schafft Vertrauen und mindert das Reputationsrisiko.
Führung in der Krise: Ein Aufruf zur ethischen Reflexion
Rechtlich gesehen mögen Führungskräfte Anspruch auf ihre Boni haben. Ethisch gesehen ist die Angelegenheit komplexer. Wenn ein Unternehmen scheitert und die Beteiligten darunter leiden – ob Aktionäre, Mitarbeiter oder Steuerzahler – sollten Führungskräfte ihren persönlichen Gewinn gegen ihren beruflichen Ruf abwägen. Das öffentliche Vertrauen beruht nicht darauf, was den Führungskräften geschuldet wird, sondern darauf, wie sie sich entscheiden, zu führen.
Eine sinnvolle Geste könnte die freiwillige Spende der erhaltenen Boni für wohltätige Zwecke oder Wiederaufbaumassnahmen sein. Dies ist zwar nur symbolisch, signalisiert aber ein tiefergehendes Bekenntnis zu Verantwortung und sozialer Rechenschaftspflicht.
Bei Leadership geht es nicht nur um finanzielle Leistung. Es geht um Werte, Urteilsvermögen und darum, das Richtige zu tun – vor allem, wenn es am schwierigsten ist.